Ausstellung: Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur

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Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur

 

Die Ausstellung, Ergebnis der zweiten Geschichtswerkstatt im Wintersemester 2018/2019, beschäftigt sich mit den humanistischen Grundlagen der modernen Architektur und wie diese am Institut für Architektur bzw. seinen Vorläufern verstanden wurden. Humanismus wird dabei in der Traditionslinie der Renaissance verstanden und bezeichnet ein auf das Bildungsideal der griechisch-römischen Antike gegründetes Denken und Handeln, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Der Begriff „humanistische Bildung“ ist eng mit dem Namen Wilhelms von Humboldt verbunden. Er gründete die Berliner Universität, die heute seinen Namen trägt, und initiierte um 1800 eine Schulreform. Das humanistische Bildungsideal hat nicht die Erziehung eines brauchbaren Bürgers zum Ziel. Vielmehr geht es darum, auf der Grundlage individueller Bildung kritische und ihrer selbst bewusste Menschen hervorzubringen. Die Würde des Menschen und seine Erziehung zur Freiheit stehen im Mittelpunkt. Der Weg dahin führt über eine kritische Auseinandersetzung mit Kultur und Geschichte. Die Antike ist dabei ein wichtiger Bezugspunkt.

Die Ausstellung untersucht die moderne Architektur nicht als revolutionären Neuanfang sondern in ihren evolutionären Prinzipien. Daher stehen drei Personen im Mittelpunkt, die in intensiver und individueller Auseinandersetzung mit der historischen Baukultur vielschichtige Werke geschaffen haben und großen Respekt vor unterschiedlichen Entwurfslösungen hatten. Die Ausstellung behandelt Karl Friedrich Schinkel (Fachgebiet Architekturtheorie, Prof. Gleiter), Robert Koldewey (Fachgebiet Historische Bauforschung und Baudenkmalpflege, Prof. Schulz-Brize) und Hans Poelzig (Fachgebiet Bau- und Stadtbaugeschichte, Prof. Schlimme). Alle drei Protagonisten stehen für eine umfassende, moderne und gleichzeitig dem Humanismus verpflichtete Herangehensweise an Architektur in Lehre, Wissenschaft und Praxis.

Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) war Professor an der Berliner Bauakademie und damit an der Vorläuferinstitution der TU Berlin. Fragen des Materials und der Konstruktion bestimmten beim späten Schinkel das Verständnis der Antiken Baukultur. Aus Material und Konstruktion gelte es, “einen reinen Styl im allgemeinen zu erdenken, der dem Besten was in jedem anderen geleistet ist nicht widerspricht.“ Das zeigt einen ebenso modernen wie dem tiefen Verständnis der historischen Baukultur entspringenden Ansatz.

Robert Koldewey (1855-1925) war Archäologe und Begründer der Archäologischen Bauforschung, einer der wesentlichen Methoden für die Beschäftigung mit dem historischen Bauwesen an heutigen Architekturfakultäten. Koldewey befragte die Geschichte und vergegenwärtigte das Historische im Sinne modernster wissenschaftlicher Museumspräsentationen.

Hans Poelzig (1869-1936) war Professor an der TH Charlottenburg. Er entwickelte aus einem tiefen Verständnis der historischen Baukultur heraus bestehende Baucharaktere im Sinne seiner Zeit weiter und generierte aus den neuen Konstruktionsweisen und Bauaufgaben seiner Epoche wie Geschäftshäusern oder Industriebauten neue spezifische Gebäudecharaktere.

Für Schinkel, Koldewey und Poelzig waren die Auseinandersetzung mit Kultur und Geschichte sowie ein humanistisches Grundverständnis Schlüssel für ein reiches und konzeptionell klares Schaffen.

                                                                                   

[1] Karl Friedrich Schinkel, Das Architektonische Lehrbuch, hg. v. Goerd Peschken, Berlin/München 1979, 146.